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Ihr seid doch alle edge(k)rank


Bis vor kurzem dachte ich, das Thema Edgeranking sei nicht mehr als der neueste Bullshit-Bingo-Anwärter. Wenn ein Begriff aber in allen Schlüsselmedien hoch- und runterbesprochen wird, und dann auch noch in Verbindung mit Facebook – dann muss man doch mal genauer hinschauen. Auch weil der Edgerank- Algorithmus dem von Google gar nicht so unähnlich sein soll und angeblich viel damit zu tun hat, welche Status Updates, News, Bilder und Videos einem tagtäglich im Top News-Feed gezeigt werden – oder vor allem eben nicht gezeigt werden. Habt Ihr Euch nicht auch schon ab und zu gefragt, warum man fast ausschließlich Posts der gleichen Leute serviert bekommt, und das trotz einer Freundesliste von 100+?

Schon länger kursierte ein Video zum Phänomen Edgerank von der Firma Klurig Analytics, spezialisiert auf ‚Social Media ROI’, im Web. Hier wird erklärt, worum es beim Edgeranking geht: Neben dem ‚Most Recent’ News Feed gibt es den ‚Top News’ Feed, den laut Facebook 95% aller User nutzen, vielleicht gerade weil sie den anderen News Feed gar nicht erst bemerkt haben.  Auch wenn die Macher von TechCrunch da ganz andere Zahlen nennen: Wenn man mal länger als 10 Stunden nicht online war, leuchtet ein, dass nicht alle News gleichberechtigt und auf einer Seite angezeigt werden können, Top News hin oder her – deswegen der Edgerank-Algorithmus.  Mit Hilfe dessen ermittelt Facebook, welche Posts an erster, zweiter, dritter usw. Stelle erscheinen sollten. Und das funktioniert folgendermaßen:

Objekte, Edges und Scores

Der Algorithmus basiert auf Objekten, das sind die Posts selbst (also Texte, Links und Fotos), und Edges – das ist das, was mit dem Post passiert, also seine Entstehung, und dass er geteilt, geliked und kommentiert wird.  Der Edge Score, nach dem das Ranking erfolgt, setzt sich aus drei Größen zusammen:

1. Dem Affinity Score, der die Ähnlichkeit zwischen dem Urheber eines Posts und dem Top News Feed eines Facebook-Users beschreibt.

2. Dem Weight Score, also der Art des Postings (Foto, Text, Like, Share), und

3. Dem Age Score: also wie alt das Edge/der Post ist.

Aus der Summe dieser Scores errechnet sich der Object Score, der die Relevanz eines Beitrags misst.

Im Klartext heißt das: Je höher der Affinity Score, desto weiter oben erscheint der Post im Top News Feed. Die Ähnlichkeit kann aber auch einseitig sein: wenn also User A oft die Posts von User B kommentiert oder liked, sieht er höchstwahrscheinlich auch alle folgenden Posts von User B. Gleichzeitig muss das aber nicht auf den User B zutreffen; wenn er bei den Posts von A nie oder selten auf ‚Gefällt mir’ klickt oder wenig/nie kommentiert, ist sein Affinity Score also niedrig, und er sieht wenige oder gar keine Posts von A. Das ist das ja nicht nur aus algorithmischen Gesichtspunkten eine schlaue Idee: so bekommt man theoretisch wirklich nur die Posts der Leute zu sehen, für deren Aussagen man sich interessiert.

Schweiger und Texter im Schatten

Hinten runter fallen dann höchstens die (engen) Freunde, die eher lesen, sich selber nicht oft mitteilen oder weniger Links und Videos oder Fotos veröffentlichen – reine Textmeldungen sind laut der Edgerank-Parameter nämlich weniger stark gewichtet.  Warum auch immer – aber so berechnet sich nun mal der Weight Score. Auch logisch: je älter ein Post ist, desto weniger relevant wird er eingestuft. Außer, er konnte viele Kommentare von unterschiedlichen Nutzern inspirieren. Und, let’s face it: wohin sich eine Facebook-Unterhaltung entwickelt, ist oft völlig unabhängig vom ursprünglichen Post, und hat tatsächlich sehr viel mit der (gegenseitigen) Affinität der User zueinander zu tun.

Außerdem haben sich die Social Media-ROI Experten scheinbar eigenhändig erschlossen, wie der Edgerank-Algorithmus numerisch aufgebaut sein könnte – die tatsächlichen mathematischen Details hat Facebook bislang nämlich nicht rausgegeben. Es würde zu weit führen, die Beispielrechnungen von Klurig wiederzugeben. Hier werden sie detaillierter erklärt:

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Fragezeichen bleiben

Mittlerweile gibt es natürlich einige Plattformen, mit denen man sich seinen eigenen Edgerank ausrechnen kann – und mindestens genauso viele Gerüchte um deren Aussagekraft . Jan Tißler weist in der t3n darauf hin, dass ebendiese Edgerank-Checker auch nur fragmentarisch Auskunft geben können über die Aktivität auf einer Fanpage. Die statistischen Daten, die man als Fanpage-Betreiber hat, „sind zwar öffentlich, aber nicht, wie sich der Edgerank aus ihnen zusammensetzt; zudem spielen hier noch weitere Werte eine Rolle.“ Und diese Werte sind – richtig: unbekannt, ein Geheimnis. Googles Spezial-Algorithmen lassen grüßen. Es zählt eben nicht nur die Fanpage, sondern auch die Verbindung des einzelnen Fans zur Fanpage – und das lässt sich auch nur bedingt via Edgerank ermitteln.

Most Engaging Facebook Pages / cc / flickr

Aber grade für Unternehmen kann es ja nur von Interesse sein, so weit oben im Top News-Feed ihrer ‚Fans’ zu erscheinen wie möglich – wenn man es überhaupt hinein schafft. Oder etwa nicht? Ranking-Tool hin oder her: hier kommen wir dann wieder an den Punkt und die Grundfrage „Wie sieht erfolgreiches, dialogisches Social Media-Handling von Unternehmen aus?“ Und: wenn die Kommunikation via Twitter und Facebook erstmal in Gang gebracht wurde, wozu braucht man dann noch ein Edgeranking-Tool? Zur Optimierung?

Also doch Bullshit Bingo?

Auch wenn Edgeranking vor allem in den USA schon gut ein Jahr lang Thema ist und fast so heiß diskutiert wird wie seinerzeit Googles SEO-Algorithmen, wird deutlich, dass noch viel Optimierungs- und Diskussionspotential besteht. Wer sich beispielsweise dafür interessiert, ob Facebooks Edgeranking-Strategie sich im Mobile-Sektor unterscheidet, findet bei Quora einige Antworten. Und wer generell das Optimum aus seiner Fanpage herausholen will, dem seien diese 6 Tipps empfohlen. Mit oder ohne Edgerank-Checker.

 

 



Über Alumni Fisch

Artikel unserer ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Danke für die tolle Zeit mit Euch!


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