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Trend verpennt: Ein Agentur-Mitarbeiter packt aus


Die Überschrift ist etwas irreführend. Eigentlich hab ich den Trend nicht verpennt. Es ist noch viel schlimmer: Ich habe ihn nicht ernst genommen. Ich habe über Menschen gelacht, die sich beim Auspacken von Paketen filmen, und den Kopf geschüttelt über Menschen, die sich das dann auch noch bei YouTube anschauen. Ja, ich war ein Unboxing-Ignorant! Ich war engstirnig und borniert, und Borniertheit ist eine der schlechtesten Eigenschaften für einen Social Media Manager. Zeit, Buße zu tun und….auszupacken!

anonym
Unboxing: Ein Thema für Marketing & PR?

Unboxing ist kein Nischen-Trend für Freaks ohne Freunde. Wir reden von einem Massen-Phänomen. Oder wie sonst soll man es nennen, wenn ein Video, in dem eine junge Frau Überraschungseier auspackt, über 90 Millionen Mal bei YouTube angeguckt wird?

Mittlerweile ist der Trend so groß, dass „Unboxing“ sogar wissenschaftlich untersucht wird. Dies ist aber kein mediensozilogisches Blog, sondern das Lehrschwimmbecken einer PR-Agentur und somit stellt sich nicht die Frage nach dem Warum, sondern danach, ob sich Marketing & PR mit Unboxing beschäftigen sollten? Ich sage unbedingt!

Doch die Google-Suche zeigt: Über den Unboxing-Trend berichtet vor allem das Feuilleton, die Marketing-Fachpresse beschäftigt sich so gut wie gar nicht damit. Dabei sollten wir alle noch viel intensiver darüber nachdenken. Nicht nur über klassisches Verpackungsdesign, sondern auch über den emotionalen Moment beim Öffnen eines Pakets oder einer Verpackung. Apple hat das wie kaum ein zweites Unternehmen erkannt. In der Marketingabteilung des Gadget-Giganten gibt es ein eigenes Team, das nichts anderes tut, als hunderte, wahrscheinlich tausende Prototypen von Verpackungen zu testen. Die Sicherheitsstufe dieser Mitarbeiter wird nur von den Produktentwicklern und den Designern übertroffen. Ergebnis: Über 2 Millionen YouTube-Treffer bei der Suche nach „Unboxing iPhone“. Und Fans, bei denen man manchmal das Gefühl hat, das emotionale Gefühl beim Auspacken eines iPhones kommt dem sehr nah, was man gefühlt hat, als man das erste Mal in seinem Leben den BH seiner Freundin öffnen durfte (wobei Apple hier nach einer nicht repräsentativen Umfrage im Freundeskreis die bessere Unboxing-Usability aufweist).

Für alle Online-Shops gilt somit längst: Was für Produktverpackungen gilt, sollte auch für das Paket gelten. Neben der reinen Gestaltung sollten wir uns damit beschäftigen, wie leicht sich ein Paket öffnen lässt und natürlich auch, wie wir die Inhalt anreichern. Die Unboxing-Leidenschaft tausender Menschen sollte Grund genug sein, Pakete nicht mit Werbeflyern zuzumüllen, sondern mit kleinen oder großen Überraschungen zu versehen. Statt „In jedem 7. Ei“ mal ausprobieren, ob „In jedem 100sten Paket“ funktioniert? Warum nicht! Und zwar längst nicht mehr nur in Sachen Technik und Spielzeug.

Online-Shop für Haustierbedarf ist Hidden Champion der Unboxing-Viralität

Ein überraschender Hidden Champion auf dem Unboxing-Markt ist mit zooplus ein Online-Shop für Haustierbedarf, dessen Pakete bei YouTube häufiger ausgepackt werden als die Lieferungen von Zalando. Eine echte Kreisch-Erkenntnis in der Agentur, in der zwei Zooplus-Stammkundinnen sofort bestätigen: Katzen und Hunde fiebern mit. Ob zooplus olfaktorisch nachhilft? Keine Ahnung. Fakt ist aber: zooplus fördert Unboxing (bewusst oder unbewusst) immer wieder durch limitierte Überraschungsboxen wie die X-Mas Box oder die Superbox zum 15. Shop-Jubiläum. Wirklich aufzugreifen scheint Zooplus die Videos auf den eigenen Social-Kanälen aber nicht. Eigentlich schade, wo wir alle doch nach User Generated Content und Viralität lechzen wie Hunde nach einer guten Wurst. Hier seht ihr Gesines zooplus-Unboxing-Premiere (mit Katzten, hach).

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Wir haben uns spontan zu einem kurzen Brainstorming zusammengesetzt und überlegt, ob und wie man Unboxing in das Marketing unserer Kunden integrieren kann. Hier die ersten Ergebnisse:

1. Dass die Idee des Re-Unboxing, also das Öffnen von Retouren, wirklich als Kampagne geeignet ist, möchte ich bezweifeln.

2. Das Mega-Unboxing, also das Öffnen von Container-Lieferungen, dagegen stell ich mir ganz witzig vor.

3. Wenn Kunden Unboxing zelebrieren, freuen sie sich sicher auch über Einblicke, wie ihr Paket verpackt wird. Individuelle Packaging-Videos könnten die Vorfreude ins Unermessliche steigern und mit einem prägnanten Akteur mit markigen Sprüchen zum Viralhit werden.

4. Auch Gewinnspiele auf Basis von Unboxing-Videos sind sicherlich ein geeignetes Instrument zur Multiplikatoren-Ansprache. Dazu gibt es auch schon internationale Cases: http://blog.birchbox.co.uk/competition-2/share-your-birchbox-unboxing-video-with-us-win.html Warum zum Beispiel keine Weihnachtsaktion draus machen? Kunden, die im Laufe des Jahres ein Unboxing-Video gedreht haben, bekommen zu Weihnachten ein kostenloses Überraschungspaket. Von einer Halloween-Aktion, bei der kleine Tiere auf 8 Beinen aus dem Paket krabbeln, raten wir ab.

5. Kunden des größten Schuheinzelhändlers Europas goertz.de haben bei jeder Bestellung ein modisches Accessoire kostenlos zur Bestellung erhalten, das Mode-Label Bonprix legte Wertgutscheine bei. Das geht sicher noch persönlicher – Stichwort Big Data. Auf Basis von Daten zu Interessen und Präferenzen könnten Shopanbieter die Überraschungen personalisieren und damit einen weiteren Anreiz schaffen, das Unboxing öffentlich zu zelebrieren.

6. Unboxing für eine Freunde-werben-Freunde-Aktion? Klar, dann ist in der eigenen Bestellung gleich ein frankiertes Päckchen beigelegt, mit dem man einer weiteren Person eine Freude machen kann.

7. Hier sind unsere Überlegungen noch nicht zu Ende. Als Erdgeschoss-Agentur bekommen wir viele Pakete, die sind aber alle für die Nachbarn. Über die Idee eines „Unboxing Your Neighbours Shit“ tumblrs diskutieren wir gerade noch…

Lesen Sie morgen (oder übermorgen):
Die zehn krassesten Unboxing-Videos (bei 6 hab ich mir eingemacht)



Über Sebastian

Sebastian ist Creative Director und kommt ursprünglich aus der Musikbranche, wo er sich sehr früh der Arbeit mit social networks gewidmet hat. Bevor er zu den Frischen Fischen stieß, hat der studierte Betriebswirt fünf Jahre für die Mobile Marketing Agentur Goyya Kampagnen konzipiert und betreut.


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